70 Jahre Kindergarten Önsbach - geschichtlicher Rückblick
Ein Raum für 80 Kinder
Welchen pädagogischen Ansatz Schwester Oliviana vor mehr als 60 Jahren mit 80 Kindern in einem einzigen Raum der „Kinderschule“ den lieben langen Tag umsetzte, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Immerhin dürfte die Gengenbacher Ordensfrau und ihre Helferin heilfroh gewesen sein, als am 13. September 1953 der Neubau feierlich eingeweiht wurde und die Kinder zur Feier des Tages von der Gemeinde und deren Bürgermeister Hermann Reichert eine Bretzel geschenkt bekamen. Es war ein großer Festtag für den Ort, als die Vereine aufmarschierten, Lieder gesungen und Reden gehalten wurden und Prälat Hermann Ruf im Beisein vieler kleiner und großer Bürger das Gebäude unter Gottes guten Segen stellte.
Es war ein für damalige Verhältnisse moderner und stattlicher Bau, der auf einer enormen finanziellen Leistung der Gemeinde von 145 000 Mark basierte. Der Kindergarten umfasste zwei große Räume, im zweiten Stock war die Wohnung der Schwestern und ein Saal für die Nähschule, im Dachgeschoss wohnte der Hausmeister. Im Keller war das „Volksbad“ untergebracht. Die Gemeinde finanzierte den Bau durch ein Darlehen und einen Holzhieb, ein Vertrag mit dem Caritasverein regelte den Betrieb und die Nutzung der Räume.
Schon 1877 gab es in Önsbach erste Planungen für eine „Kinderschule“. Es würde Bände füllen, wollte man alle Planungen und Beratungen auflisten, denn vor allem die beiden Kriege, Inflation und Notjahre machten dem Bau trotz Spenden der Bürger und trotz einer Erbschaft aus dem Vermögen von Veronika Weber („Krut-Vroni“) immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Als die NS-Volkswohlwahrt im „Dritten Reich“ die ideologische Ausrichtung und Trägerschaft beanspruchte, verschoben die Önsbacher den Neubau. Am 27. Mai 1940 wurde ein Kriegskindergarten im Rathaus eingerichtet, in dem „Tante Lisbeth“ mit ihren Helferinnen die Betreuung wahrnahmen. Acht Jahre nach dem Krieg wurde dem Provisorium ein Ende gesetzt, doch schon bald gab es wieder Raumprobleme. Denn mehr und mehr erkannte man, dass ein Kindergarten vor allem auch eine erzieherische, bildende und religiöse Aufgabenstellung hat. Hinzu kam, dass der auf 60 Plätze ausgelegte Kindergarten mit über 100 Kindern stetig überbelegt war.
Der Bau einer Spielhalle im Freien 1961 war keine echte Lösung, erst elf Jahre später wurde mit dem Anbau von zwei Gruppenräumen und einem Gymnastikraum im Keller begonnen. Erfreulich für Önsbach war, dass in den 90er Jahren die Kinderzahl anstieg und deshalb das Gebäude aus allen Nähten platzte. Die Suche nach einem geeigneten Standort für einen Neubau formte sich zu einer endlosen Geschichte mit Einsprüchen, juristischem Verfahren, Disput im Ortschaftsrat, Unterschriftenaktion und Selbsthilfegruppe „Schneckenhaus“ und alle waren sehr froh, als am 10. März 2003 der Neubau fertig war. Der Altbau wurde modernisiert, die Außenfläche erweitert und Eltern engagierten sich 2007/08 bei der Erneuerung der Grün- und Spielanlage. Heute wird im Kindergarten unter der Leitung von Susanne Frank ein breit gefächertes Betreuungs- und Bildungsangebot verwirklicht. Roland Spether/Oktober 2013